Alkohol und alkoholabhängigkeit

von Gisela Wolf
(gekürzter Auszug aus dem Text: pdf Lesbische und bisexuelle Frauen und Sucht)

Höherer Alkoholkonsum bei Lesben

Lesbische Frauen trinken häufiger und intensiver als heterosexuelle Frauen, berichten von mehr Problemen mit dem Alkohol und weisen auch eher Symptome einer Alkoholabhängigkeit auf. Im Allgemeinen nimmt der Alkoholkonsum bei Frauen mit dem Alter ab – nicht jedoch bei Lesben.

Was hohen Konsum fördert

Die Risikofaktoren für Alkoholkonsum bei Lesben ähneln den Risikofaktoren bei heterosexuellen Frauen. So konsumieren Lesben eher Alkohol, wenn sie sexuelle Gewalt im Kindesalter erleben mussten, wenn sie in einem männerdominierten Beruf tätig sind, wenn sie Beziehungen mit gewalttätigen oder stark konsumierenden PartnerInnen haben oder wenn sie kinderlos sind.
Es gibt allerdings auch lesbenspezifische Risikofaktoren für einen erhöhten Alkoholkonsum. So kann sichtbarer Alkoholkonsum von lesbischen und bisexuellen Frauen eine bewusst signalisierte Nonkonformität gegenüber gesellschaftlichen Verhaltenserwartungen an Frauen ausdrücken und wird in manchen Szenezusammenhängen auch mit Selbstbewusstsein assoziiert.

Wie die Community Alkoholkonsum fördert

Alkohol ist bei den meisten Community-Ereignissen leicht verfügbar. Manchmal wird Alkohol dort auch kommerziell beworben, Alkoholproduzenten sponsoren diverse Lesbentreffen. Insgesamt ist die Akzeptanz von Alkoholkonsum bei politischen und kulturellen Veranstaltungen von und für lesbische Frauen generell so hoch, dass alkoholfreie Veranstaltungen als Einzelfälle gelten müssen. An vielen Orten gibt es nur wenige Treffpunkte für lesbische und bisexuelle Frauen. BiFrauenLesben, die alkohol- und/ oder drogenfrei leben möchten, stehen oft keine alternativen Räume zur Verfügung.

Kaum lesbenakzeptierende Suchthilfe

Ein möglicher Grund für die hohen Raten von Alkoholmissbrauch bei Lesben wird auch in der mangelnden Offenheit von alkoholspezifischen Behandlungseinrichtungen für lesbische Frauen gesehen.

Daten aus der BRD

In einer Befragung von Besucherinnen des Lesbenfrühlingstreffens in Köln 1999 (Dennert 2005):

– haben ein Fünftel mehrmals wöchentlich Alkohol konsumiert
– 4,5% haben täglich Alkohol getrunken

Die höchste Rate an täglichen Alkoholkonsumentinnen fand sich bei Frauen über 45. Offener oder versteckter Umgang mit dem Lesbischsein spielte dabei keine Rolle.
Jüngere Lesben bis 30 Jahre konsumierten häufiger Alkohol als die weibliche Allgemeinbevölkerung – und sie waren auch wesentlich seltener alkoholabstinent als Frauen im Allgemeinen. Der hier für Deutschland gefundene hohe Alkoholkonsum junger lesbischer Frauen findet sich auch in zahlreichen US-amerikanischen Studien.