von Gisela Wolf
(gekürzter Auszug aus dem Text: Lesbische und bisexuelle Frauen und Sucht)
Bei lesbischen und bisexuellen Frauen sind sog. Essstörungen (z.B. Anorexie, Bulimie, binge eating disorder) wenig untersucht.
Man weiss, dass schwule Männer häufiger von Essstörungen betroffen sind als Hetero-Männer. Dies lässt sich z.T. mit einer stärkeren Orientierung von Schwulen am gesellschaftlichen Schönheitsideal eines schlanken Körpers erklären.
Lesbischsein – kein Schutzfaktor gegen Ess-Stress
Zwar gibt es Hinweise darauf, dass die lesbische Lebensweise auch Möglichkeiten schaffen kann, sich vom herrschenden Schlankheitsdruck zu distanzieren und somit einen protektiven Faktor in Bezug auf die Entwicklung von Essstörungen darstellen könnte (Siever 1996). Eine quantitative Untersuchung von Heffernan (1996) kam allerdings zu dem Ergebnis, dass Bulimie unter Lesben genau so verbreitet ist wie bei heterosexuellen Frauen und dass Essanfälle unter Lesben häufiger als bei Heteras auftreten.
Essstörungen könnten bei Lesben eine Funktion in der Regulierung belastender Gefühle durch die Stigmatisierung lesbischer Lebensweisen einnehmen. In Befragungen berichten lesbische Frauen ähnlich hohe Raten an Unzufriedenheit mit ihrem eigenen Körper wie Heteras (O’Hanlan & Isler 2007).
Daten aus der BRD: Gewicht
Die Studie von Dennert (2005) aus Deutschland belegt ein vermehrtes Vorkommen eines riskant niedrigen BMI (Body-Mass-Index) bei Lesben. Nach den Ergebnissen dieser Studie waren 0,5% der befragten lesbischen Frauen mit einem BMI über 40 kg/qm stark übergewichtig, 7,4% waren mit einem BMI unter 19kg/qm untergewichtig, bei 1,4% lag der BMI unter 17,5 kg/qm.
Coming Out verbessert das Körpergefühl
Manche lesbischen Frauen berichten, dass ihr Coming-out zu einer bedeutsamen Verbesserung ihres Selbst- und Körperbewusstseins geführt habe (Wolf 2004). Lesbische Frauen, die sich in der lesbisch-schwulen Community engagieren, machen sich weniger Sorgen um ihr Körpergewicht, als Lesben mit wenig Community-Kontakten (Heffernan 1996).