Lesben – hiv – aids

Wie so oft, bleiben in den medizinischen Wissenschaften auch bei der Frage von HIV/Aids Lesben häufig unerwähnt. Es fehlt Forschung z.B. zu folgenden Fragen:

  • Wie weit verbreitet ist HIV unter Lesben?
  • Welche Übertragungswege bestehen beim Sex unter Frauen?
  • Welches Infektionsrisiko besteht durch Spendersperma und wie lässt es sich vermindern?
  • Wie leben Lesben mit HIV/Aids?
  • Wie ist die Situation hiv-positiver, lesbischer Imigrantinnen / Asylbewerberinnen in Deutschland?
  • Wie nutzen Lesben HIV-Antikörpertests?
  • zielgruppenspezifische Präventionsangebote für Lesben, lesbische Drogenkonsumentinnen usw.

Innerhalb der lesbischen Debatte existiert ein breites Spektrum von Einstellungen zwischen „Was geht mich das an“ über „Ich war mal beim HIV-Test vor ein paar Jahren“ bis hin zu übertriebener Panikmache und offener Diskriminierung von Menschen mit HIV/Aids. Aktuell leben in Deutschland ca. 9500 Frauen mit HIV/Aids; wie viele von ihnen Lesben sind, ist nicht bekannt. Ein Viertel der jährlich ca. 2000 Neuinfektionen betrifft Frauen.

Für Berlin existiert eine Untersuchung von Lore Gölkel über das sog. Risikoverhalten von Lesben, die an einem HIV-Test teilnehmen (siehe Literaturliste).

Aus einer eigenen Untersuchung lässt sich vermuten, dass offen lesbisches Auftreten und eine feministische Einstellung die Bereitschaft zu einem HIV-Test fördert. Bei offen auftretenden, evtl. noch feministisch interessierten Lesben liegen die Teilnehmerinnen am HIV-Test weit über dem Bevölkerungsdurchschnitt.

Klar ist, dass HIV durch sexuelle Kontakte zwischen Frauen übertragen werden kann, insbesondere wenn es zu Kontakt mit Blut oder (auch kleinen) Verletzungen kommt. Die sexuelle Übertragung unter Frauen scheint aber nach internationalen Ergebnissen nicht in grosser Zahl vorzukommen.
Die Verbreitung von HIV unter Lesben wird nach bisherigen Studien durch sonstige Übertragungsrisiken (intravenöser Drogenkonsum, Sexarbeit, Heterosex, sexualisierte Gewalt) und die gesellschaftlichen Umstände (Übertragung im Gesundheitswesen, Gefängnisaufenthalt) bestimmt.

Unter gesellschaftlichen Bedingungen, in denen lesbische Frauen in hohem Maße Verfolgung oder Gewalt ausgesetzt sind, können auch Lesben zu den besonders von HIV betroffenen Gruppen gehören – weltweit folgen HIV und Aids einem starken Gradienten: je marginalisierter die globale Position ist, umso häufiger sind lebensbedrohliche, aber potentiell vermeidbare Erkrankungen wie Aids.

Prävention!

HIV ist glücklicherweise relativ schwer zu übertragen (verglichen mit z.B. Viren wie Hepatitis C). Mögliche Übertragungswege sind:

  • ungeschützte sexuelle Kontakte mit Frauen und Männern
  • Gebrauch von HIV-infizierten Spritzen beim i.v. Drogenkonsum
  • (Selbst)Insemination mit HIV-positivem Spendersperma
  • Übertragung während Schwangerschaft, Geburt und Stillen von Frauen auf ihre Kinder
  • sexualisierte Gewalt, Vergewaltigung
  • Übertragung durch infizierte Blutprodukte und medizinischen Geräte (betrifft v.a. Länder, in denen HIV endemisch ist)

Für die lesbenspezifischen Übertragungswege bestehen folgende Möglichkeiten, das Übertragunsrisiko zu minimieren:

  • „safer sex“: Verwendung von Barrieremethoden, Vermeiden direkten Kontaktes mit Blut
  • Kinderwunsch: HIV-Test des Spermaspenders

Von der Aids-Hilfe existiert eine – mittlerweile vergriffene – Broschüre über Lesben, HIV/Aids und safer sex („Wer lutscht schon gern ein dental dam“).

Rechte!

Ein großer Anteil der Neudiagnosen betrifft Frauen aus Ländern, in denen HIV weiter verbreitet ist, und die in Deutschland mit einem ungesicherten Aufenthaltsstatus und eingeschränkten Rechten leben. Wenn die Therapie einer HIV-Infektion nicht das Privileg weniger Leute aus Industrieländern bleiben soll, dann muss allen Menschen, die in Deutschland leben, gleicher Zugang zur medizinischen Versorgung und zu einem gesicherten Aufenthalt gewährt werden.

Ein anderer Punkt ist die rechtliche Diskriminierung von lesbischen Frauen mit Kinderwunsch, denen in Deutschland der Weg zu einer „Samenbank“ getesteter Spender nicht offen steht. Dies könnte dazu führen, dass Lesben in Deutschland vermehrt auf nicht sicher HIV-negative Spender zurückgreifen – und auf diesem Wege aufgrund rechtlicher Diskriminierung einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

Blutspende

Die Titulierung von „Homosexuellen“ als HIV-„Risikogruppe“ hat auch hierzulande zur Stigmatisierung von Lesben und Schwulen geführt. Lesben waren bis vor kurzem als Blut-, Knochenmark- und Gewebespenderinnen nicht erwünscht. Dies hat sich Anfang 2009 geändert – Lesben dürfen jetzt auch offiziell Spenderinnen sein. Gegenwärtig sind in der BRD ausschließlich schwule Männer aufgrund ihrer sexuellen Orientierung als Spender pauschal ausgeschlossen – andere Ausschlüsse beziehen sich auf AfrikanerInnen aus Ländern, in denen viele HIV-Positive leben, oder SexarbeiterInnen.