Lesben und Krebs ist ein großes Thema – es geht um so verschiedene Fragen wie, was Krebs denn eigentlich sei, wie Tumorerkrankungen vorgebeugt werden kann, wie eine sinnvolle Früherkennung für Lesben aussehen könnte und wie Lesben mit Krebserkrankungen leben und manche auch an ihnen sterben. Eigentlich müssten hier hunderte von Verweisen auf Artikel und Arbeiten stehen.
Die Liste wird wesentlich kürzer, als es angemessen ist: Sehr wenig von dem, was hier nur angerissen werden kann, ist in europäischen Ländern und nichts davon in Deutschland untersucht worden. Frauen, die aufgrund einer Krebserkrankung für sich selbst oder für ihre Partnerin oder eine Freundin Literatur suchen, kann ich nur dringend auf die teilweise sehr guten Arbeiten aus dem englischsprachigen Raum verweisen – einiges davon ist auch in Deutsch erschienen, z.B. die Werke von Audre Lorde, Schwarze Feministin, die an Brustkrebs starb. In Englisch existieren zudem Mailinglisten für Lesben mit Krebs und deren Partnerinnen.
Prävention, Früherkennung, Prävalenz
Es geht das Gerücht, Lesben würden seltener an Gebärmutterhalskrebs (Cervixkarzinom) und dafür häufiger an Brustkrebs (Mammakarzinom) erkranken als heterosexuell lebende Frauen. Die Daten aus anderen Ländern sind uneinheitlich – für Deutschland liegen keine Untersuchungen vor. Es fehlen zudem Empfehlungen für Deutschland über die Teilnahme am sog. PAP-Screening und der Brustkrebsfrüherkennung. Noch immer wird Brustkrebs überwiegend von den Frauen selbst entdeckt – die Brustselbstuntersuchung hat insofern einen zentralen Stellenwert in der Früh-/Erkennung. Die Cervixzytologie (PAP) stellt eine der wenigen wirklichen Vorsorgeuntersuchungen im onkologischen Bereich dar, die in der Lage ist, Zellveränderungen zu erkennen, bevor ein invasives Carcinom entstanden ist. Wie nutzen Lesben diese Möglichkeiten und warum nutzen manche Lesben sie nicht? (dazu aus Großbritannien: Fish 2003).
Die „Gerüchte“ über das höhere bzw. niedrigere Risiko für Lesben entstammen der Diskussion um sog. Risikofaktoren für Krebserkrankungen, die Lesben im Falle des Cervixkarzinoms weniger und im Falle des Mammakarzinoms vermehrt aufweisen würden. Die Frage nach Lungenkrebs (Bronchialkarzinom) oder anderen, mehrheitlich durch Zigarettenrauchen verursachten Tumorarten, oder auch nach Darmkrebs (Colonkarzinom) hat bisher niemand ernsthaft untersucht. (Aus vielen Studien lässt sich vermuten, dass Lesben häufiger rauchen als heterosexuelle Frauen – folglich müssten Lesben häufiger von Folgeerkrankungen des Zigarettenrauchens betroffen sein…)
In einer Auswertung des dänischen Krebsregisters im Vergleich zwischen Personen in heterosexuellen Ehen und homosexuellen registrierten PartnerInnenschaften fanden sich keine Unterschiede in der Inzidenz maligner Erkrankungen zwischen lesbischen und heterosexuell lebenden Frauen (Frisch 2003).
Krebserkrankungen
Ebenfalls kein Thema für die Frauengesundheitsversorgung hierzulande ist, ob lesbische Frauen in der Therapie von Krebserkrankungen andere Wünsche und Bedürfnisse haben als heterosexuell lebende Frauen, z.B. wenn es um die Art der Durchführung gynäkologischer Operationen geht.
Zentral ist zudem die Frage nach den persönlichen Ressourcen und dem persönlichen Umfeld von an Krebs erkrankten Lesben und inwiefern diese vorurteilsfrei und gleichberechtigt in der medizinischen Versorgung berücksichtigt werden.
In Ermangelung geographisch näherer Untersuchungen wurden zwei Studien (Fobair und Matthews) aus dem englischsprachigen Raum in die Literaturliste aufgenommen.